Fahrzeug Flashback – Ein Bulli kommt selten allein 2
Veröffentlich am: 06.10.2024
Nach einer langen Sommerpause meldet sich der Fahrzeug-Flashback zurück. Diesmal knüpfen wir an unsere letzte Geschichte an und erzählen eine weitere Episode aus unserer Fahrzeuggeschichte, die wieder unter dem Motto steht: „Ein Bulli kommt selten allein“.
Der Titel ist durchaus berechtigt, denn der T3, um den es heute geht, hatte zeitweise einen fast baugleichen Bruder, der als Katastrophenschutzfahrzeug ebenfalls in Werneck stationiert war. Die beiden Fahrzeuge trugen die Funkkennungen 96/1 und 96/2 und dienten im ABC-Zug Schweinfurt Land als Mess- und Spürfahrzeuge, waren also die Vorläufer des heutigen CBRN-Erkundungskraftwagens Florian Werneck 66/1. In den 80er Jahren wurde jede Erkundungsgruppe eines ABC-Zuges mit zwei ABC-Erkundungskraftwagen ausgestattet. Deren Aufgabe war das Messen, Spüren und Melden von atomaren, biologischen und chemischen Kontaminationen sowie die Entnahme von Proben zur weiteren Analyse.
Der komplette ABC-Zug Schweinfurt Land 1984
Nachdem zunächst VW-Kübelwagen vom Typ 181 für diesen Zweck eingesetzt wurden, begann ab 1981 die Beschaffung des wesentlich besser geeigneten VW-Transporters T3. Neben dem komplett geschlossenen Aufbau bot der T3 wesentlich mehr Platz für die modulare Beladung. Zusätzlich erhielten die Fahrzeuge eine zweite Schiebetür auf der Fahrerseite, um das Be- und Entladen zu erleichtern. Zur besseren Ordnung im Fahrzeug wurde zudem ein Staukasten unter der Rücksitzbank eingebaut. Der Endausbau und die Beladung erfolgte schließlich durch die Einheiten, die das Fahrzeug später auch in den Einsatz brachten. Insgesamt beschaffte das Bundesamt für Zivilschutz 337 dieser Transporter auf T3-Basis in drei Serien.
Als Anfang der 2000er Jahre der neue und technisch wesentlich besser ausgestattete ABC-Erkunder auf Basis eines Fiat Ducato in Werneck stationiert wurde, schien die Zeit gekommen, sich von den beiden T3 zu verabschieden. Beide Fahrzeuge verblieben jedoch noch bis 2010 im Fuhrpark des ABC-Zuges und wurden als Reserve vorgehalten. Im Jahr 2010 wurden die Fahrzeuge schließlich neuen Aufgaben zugeführt: Das 96/1 wechselte zur Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung (UG-ÖEL) nach Niederwerrn und das 96/2 wurde vom Markt Werneck als Mannschaftstransportwagen für die örtliche Feuerwehr übernommen.
Zwei Generationen ABC-Erkunder
Doch so einfach war es nicht, aus dem Katastrophenschutz- ein Feuerwehrfahrzeug zu machen: Da bei einem Feuerwehrauto 75 Prozent der Fläche rot sein müssen, wurde der orangefarbene T3 kurzerhand an den Außenflächen rot foliert - nicht aber auf dem Dach. Dafür wurde auf dem Dach eine neue Signalanlage installiert, die die alte Drehspiegelleuchte ersetzte. Außerdem wurden Frontblitzer im Kühlergrill nachgerüstet. Bis 2017 war der T3 noch als Florian Werneck 14/1 im Einsatz und wurde dann durch einen neuen Mannschaftstransportwagen auf Mercedes Sprinter Basis ersetzt.
Nach der Übernahme durch den Markt Werneck, rot foliert mit organgenem Dach
Bevor der T3 ersetzt wurde, kam er im Rahmen einer Jugendfeuerwehrveranstaltung auch in Eßleben zum Einsatz. Dort konnten Johannes und Deniz zum ersten Mal damit fahren und wollten danach unbedingt selbst einen T3 haben. Jeder T3, der ihnen danach über den Weg lief, wurde mit dem Wagen aus Werneck verglichen und keiner konnte wirklich mithalten. Als sich dann die Gelegenheit bot, genau diesen Referenz-T3 zu erwerben, zögerten die beiden nicht lange und gaben ein Gebot ab. Der Tag, an dem Deniz schließlich den erlösenden Anruf erhielt, dass die beiden den Zuschlag erhalten hatten, wird ihm noch lange in Erinnerung bleiben. Und vermutlich auch seinen Kollegen, denn die wunderten sich sehr, was wohl der Grund für seinen lauten Jubel gewesen sein könnte.
Der Zustand beim Verkauf an Johannes und Deniz
Nachdem der T3 endlich abgeholt werden konnte, wurde die Folie entfernt, der Kühlergrill ausgetauscht und die Signalanlage vom Dach entfernt. Als kleine Extras wurden eine Uhr im Kombiinstrument, eine Armlehne auf der Fahrerseite und ein drehbarer Fahrersitz nachgerüstet. Die Rücksitzbank lässt sich mit wenigen Handgriffen in ein Bett verwandeln, so dass der T3 auch bei Festivals und im Urlaub ein beliebter Begleiter ist. Ursprünglich diente er auch als Tourbus für die legendären „Biermusikanten“ und transportierte neben den Instrumenten wohl auch einiges an flüssiger Verpflegung für die Kapelle.
Insgesamt beschreibt Deniz das Auto als absolut zuverlässigen Begleiter, mit dem er auch gerne zum Angeln oder einfach nur spazieren fährt. Der Boxermotor ist zwar so durstig wie die Biermusikanten und mit seinen 70 PS vielleicht nicht das schnellste Auto am Berg, aber dafür ist die Vergasertechnik nahezu unverwüstlich. Die sichtbare Patina des Wagens zeugt von einem bewegten Leben, in dem der T3 schon einiges mitgemacht hat, dennoch ist die Karosserie bisher von größeren Roststellen weitgehend verschont geblieben.
Das Fahrzeug in seinem aktuellen Zustand zu Besuch an alter Wirkungsstätte
So wäre es keineswegs verwunderlich, wenn das ehemalige Katastrophenschutz- und Feuerwehrfahrzeug noch viele Jahre im zivilen Einsatz bleiben würde. Wobei es auch während seiner zivilen Nutzung schon einen Rettungseinsatz auf dem Konto hat: Deniz konnte damit einmal einer älteren Dame helfen, die offenbar auf dem Gehweg gestürzt war. Kurzerhand versorgte er die Frau und fuhr sie anschließend mit dem Bulli nach Hause. Seit einigen Jahren ist Deniz übrigens alleiniger Besitzer des T3, da sein Kumpel Johannes sich einen eigenen, sehr ähnlichen Bus zugelegt hat. Anscheinend kommt ein Bulli wirklich selten allein...
Herzlichen Dank an dieser Stelle noch an Deniz für seinen Besuch bei uns in Werneck, die Anekdoten, die er uns erzählt hat, die Zeit, die er sich genommen hat, um unsere bohrenden Fragen zu beantworten und die Bilder, die er uns für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt hat.